Amtsgericht Neu-Ulm
02.05.2024

Urteil des Europäischen Gerichtshofs / Speicherung von IP-Adressen zur Bekämpfung auch allgemeiner Kriminalität zulässig / Bundesregierung wird aufgefordert, die Verkehrsdatenspeicherung zeitnah wiederzubeleben / Bayerns Justizminister Eisenreich: "Der EuGH lässt ausdrücklich Spielräume zu. Diese müssen insbesondere zum Schutz der Kinder genutzt werden."

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat am Dienstag (30. April) seine Rechtsprechung zur Verkehrsdatenspeicherung weiter konkretisiert. Demnach ist die allgemeine und unterschiedslose Verkehrsdatenspeicherung zwar weiterhin grundsätzlich unzulässig. Insbesondere für die Speicherung von IP-Adressen hat der EuGH aber weitere Spielräume zugelassen. Eine allgemeine und unterschiedslose Speicherung von IP-Adressen, die einer Quelle zugeordnet werden können, ist demnach unter bestimmten Bedingungen zur Bekämpfung auch allgemeiner – nicht nur wie bislang schwerer – Kriminalität zulässig. Der Entscheidung lag ein Fall aus Frankreich zu Urheberrechtsverstößen zugrunde. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: "Der EuGH hat erneut bestätigt, dass den Mitgliedstaaten Spielräume bei der Verkehrsdatenspeicherung offen stehen. Der Gerichtshof hat zudem ausdrücklich anerkannt, dass eine allgemeine und unterschiedslose Speicherung von IP-Adressen zur Bekämpfung auch allgemeiner – nicht nur wie bislang schwerer – Kriminalität unter bestimmten Bedingungen zulässig ist. Die vom EuGH eingeräumten Spielräume für die Verkehrsdatenspeicherung insbesondere von IP-Adressen müssen vor allem zum Schutz der Kinder vor sexuellem Missbrauch genutzt werden. IP-Adressen stellen in zahlreichen Fällen den einzigen Ermittlungsansatz dar. Ohne die Möglichkeit, Täter durch die Zuordnung von IP-Adressen zu identifizieren, besteht – wie der EuGH ausdrücklich betont – die Gefahr eines rechtsfreien Raums im Internet. Gerade der Kampf gegen Kinderpornografie und sexuellen Kindesmissbrauch zeigt: Fehlende Verkehrsdatenspeicherung kann verhindern, dass wir schwere Straftaten aufklären können. Jeder Fall, der nicht aufgeklärt und gestoppt werden kann, ist einer zu viel."

Bayern setzt sich seit Jahren für die Wiederbelebung der Verkehrsdatenspeicherung ein. Dabei geht es nicht um die Speicherung von Inhalten, sondern um die Speicherung von Verbindungsdaten, also insbesondere auch um die Zuordnung von IP-Adressen zu Personen. Der EuGH hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass die bloße Speicherung von IP-Adressen einen geringeren Sensibilitätsgrad aufweist als die Speicherung anderer Verkehrsdaten. Denn aus den gespeicherten IP-Adressen lassen sich ohne Verknüpfung mit weiteren Daten keine genauen Schlüsse auf das Privatleben Betroffener ziehen. Der Gerichtshof hat dabei ausführlich skizziert, unter welchen Voraussetzungen eine allgemeine verpflichtende Speicherung von IP-Adressen möglich ist. Eisenreich: "Ich will weder den gläsernen Bürger noch einen Überwachungsstaat. Bei schweren Straftaten brauchen unsere Ermittler aber die zeitlich befristete Möglichkeit, Täter über gespeicherte IP-Adressen zu ermitteln. Wer die Verkehrsdatenspeicherung ablehnt, bremst Ermittlerinnen und Ermittler im Kampf gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Kinderpornografie aus, wenn IP-Adressen der einzige Ermittlungsansatz sind."

Der Minister weiter: "Ohne die verpflichtende Speicherung von IP-Adressen fehlt ihnen die zum Teil einzige Möglichkeit, Täter zu identifizieren. Das halte ich für fahrlässig. Fehlende Verkehrsdatenspeicherung kann verhindern, dass wir Straftaten aufklären und teils noch laufenden Kindesmissbrauch stoppen können. Quick Freeze ist keine Alternative zur verpflichtenden Speicherung von IP-Adressen. Es ermöglicht die Sicherung von Daten erst, nachdem die Straftat den Behörden bereits bekannt geworden ist. Wenn die 'Quick-Freeze'-Anordnung erfolgen kann, sind aber die Verbindungsdaten in der Regel längst gelöscht. Dann bleibt nichts zum Einfrieren und die Zuordnung von IP-Adressen zu konkreten Personen ist dann nicht mehr möglich."

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